Die Zeit war reif für diese Idee, doch es musste jemand kommen, der sie aufgriff und in die Tat umsetzte: Kommerzienrat Gerhard Meyer. Er rief Ende 1919 einen kleinen Kollegenkreis zusammen und sprach über die Gründung eines Industrie-Vereins. Die Gründung des Reichsverbandes der Deutschen Industrie und die Wahl des Krupp-Direktors Kurt Oskar Sorge war gerade erfolgt, die Internationale Arbeitskonferenz in Washington hatte die 48-Stunden-Woche beschlossen, Peines Arbeiterschaft war organisiert, Kaufleute und Handwerk waren es schon längst. Die Kaufmannsgilde bestand seit 1652, die Industrie- und Handelskammer seit 1864.
Organisation der Industrie
Es lag auf der Hand, in Peine nun auch eine Organisation der Industrie und der Industriellen zu schaffen. Sollte stärkende Gemeinsamkeit mit Schlagkraft in eine bestimmte Richtung erzielt werden? Nein, als Kampfgenossenschaft verstand sich der Industrie-Verein für Peine und Umgegend nicht. Der Zweck des Vereins wurde in der ersten Satzung moderater formuliert. Es ging um die gemeinsame Wahrung und Förderung der Interessen der Industrie in Stadt und Kreis Peine und Umgegend. Der Ausdruck „Umgegend“ wurde später durch die gängigere Formulierung „Umgebung“ ersetzt. Die Namensänderung ließ man im Juli 1989 ins Vereinsregister eintragen.
Es ist dem Verein gut bekommen, dass er nie gegen etwas war, sondern für etwas eintrat. Vornehmlich dafür, die Bedeutung der heimischen Industrie deutlich zu machen. Dies geschah und geschieht aus einem Gefühl der Mitverantwortung für das Gemeinwesen heraus. Gleichsam ein Denkmal dafür ist die Peiner Eule, eine Großplastik des verstorbenen Künstlers Hans Nowak, die der Industrie-Verein der Stadt 1992 zum Geschenk machte und die seither an exponierter Stelle zwischen Schützenplatz und Stadtpark steht. Sie symbolisiert ein wachsames, weise agierendes Peine. Und sie ist Zeichen dafür, dass der Industrie-Verein sich für das Wohl der Stadt verantwortlich fühlt, wie es der ehemalige amtierende Vorsitzende Joachim Hoffmann formulierte.
Sich kennenlernen und austauschen
Dem Industrie-Verein ist seit seiner Gründung daran gelegen, dass die Verantwortlichen der Unternehmen sich kennenlernen und austauschen. Vor allem für neue Mitglieder besteht darin der Vorteil, dass sie die speziellen Verhältnisse und Strukturen des Peiner Landes rasch erkennen können. Der langjährige Vorsitzende des Vereins, Kurt Bartels, meinte im Gespräch mit dem Verfasser, der Industrie-Verein habe sich ursprünglich als Pendant zur Kaufmannsgilde verstanden. Inzwischen seien die Grenzen verwischt. Heute gehören auch Handels- und Handwerksunternehmen sowie der Industrie verbundene Einzelmitglieder dem Verein an. Der jeweilige Gildemeister der Kaufmannsgilde, zurzeit Jan Philip Colberg, ist Mitglied des Vorstandes auch im Industrie-Verein.